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Sonntag, 13. November 2011

Streitfall: Europa und die Türkei – die Türkei und Europa

Soll die Türkei der Europäischen Union beitreten? Diese Frage verharrt nun schon seit den 1950er Jahren einer Beantwortung. Voraussetzungen für eine enge Zusammenarbeit zwischen den Ländern Mitteleuropas und der Türkei schufen bereits die Aufnahme in den Europarat im Jahr 1949 und der Beitritt der Türkei in die Nato 1952. Weiterhin bemühte sich die Türkei seit 1957 darum, in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) aufgenommen zu werden. Verhandlungen über einen Beitritt endeten am 12. September 1963 mit der Unterzeichnung eines Assoziationsabkommens, dem so genannten Vertrag von Ankara. Eigentliches Ziel sollte des demnach sein, dass die Türkei ein Mitglied der europäischen Zollunion wird. Aber erst 1995 errichtete man die europäisch-türkische Zollunion, und integrierte die Türkei wirtschaftlich in den europäischen Raum.

Weitere Verhandlungen über den Beitritt zur EU verliefen allerdings schleppend und waren im Ergebnis bis heute offen. So plädierte Österreich und danach auch Deutschland unter der Regierung Merkel für das Konzept einer „privilegierten Partnerschaft“, welchem die Türkei jedoch mit Ablehnung gegenüber steht. Im Sog der Auseinandersetzung um die Beitrittsverhandlungen sowie einem Erstarken der Türkei als starker und gefestigter politischer und wirtschaftlicher Partner innerhalb der Region des Nahen Osten, entwickelte die Türkei ein neues Selbstbewusstsein, dass sie auch als Führungsmacht im arabisch-muslimischen Raum noch stärker nutzen könnte. Zu fragen ist dann auch: Will die Türkei noch in die Europäische Union?
Aufgrund der Finanzkrise und den wirtschaftlichen Problemen innerhalb der EU sind die Fragen um ein weiteres Aufstocken der EU-Mitgliederzahl wohl zunächst für längere Zeit in den Hintergrund getreten.





Beitrittskriterien

Vor allem zwei gleichrangig zu bewertende Kriterien muss die Türkei auf ihrem Weg nach Europa überwinden: inwiefern hat sie demokratische Prinzipien verwirklicht und wie steht es um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Auf ein weiteres drittes Kriterium hat sie allerdings keinen Einfluss: wollen die EU-Länder in Zukunft geographisch bis an den Nahen Osten heranreichen, mit allen politischen Problemen, die damit verbunden sind. Zu fragen ist jedoch hierbei auch, ob es sich die EU überhaupt leisten kann, sich aus den schwierigen außenpolitischen Fragen herauszuhalten.

Zu welchem Entschluss man auch kommt: „Eine eindeutige Pro- oder Kontra-Entscheidung fällt schwer, doch es muß einmal entschieden werden.“ (Leggewie, Die Türkei und Europa, S. 17.).

Literatur:

Claus Leggewie (Hg.), Die Türkei und Europa. Die Positionen, Frankfurt/Main 2004.

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